GIPFELBLICKE
© Erich Arndt
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Gipfelblicke
im Kontext der Geschichte
ORTLER
3.905 m
Geografie:
Der
Ortler
(italienisch
Ortles)
ist
mit
einer
Höhe
von
3.905
m
die
höchste
Erhebung
der
italienischen
Provinz
Südtirol.
Der
größtenteils
aus
Hauptdolomit
aufgebaute,
stark
vergletscherte
Berg
ist
der
Hauptgipfel
der
Ortler-Alpen,
einer
Gebirgsgruppe
der
Südlichen Ostalpen.
Unsere Aufstiegsroute:
1
.
Vom
Parkplatz
an
der
alten
St.-Gertraud-Kirche
in
Sulden
folgt
man
dem
Steig
Nr.
4
bis
zur
Moräne
des
Marltferners.
Weiter
geht
es
in
Serpentinen
hinauf
zur
Tabarettahütte.
Der
folgende
Abschnitt
führt
hinauf
zur
Bärenkopfscharte.
Über
den Tabarettakamm geht es dann weiter zur Julius-Payer-Hütte.
2
.
Aufstieg
zum
Gipfel:
Der
erste
Abschnitt
führt
über
den
„
Felsenweg
“.
Man
quert
die
Nordwestflanke
der
Tabarettaspitze
und
steigt
über
felsiges
Gelände
hoch
bis
zum
„
Wandl
“.
Nach
einem
luftigen
Gratstück
folgt
eine
etwas
steile
Traverse,
die
bis
zum
oberen
Ende
der
„
Eisrinne
“
führt.
Über
das
„
Bärenloch
“
steigt
man
hinauf
zum
Tschierfegg,
wo
das
Lombardi-Biwak
steht.
Ein
spaltenreiches
und
steiles
Gelände
folgt.
Ist
der
Hang
überwunden,
wir
das
Ortlerplateau
erreicht.
Von dort geht es dann mäßig ansteigend bis zum Gipfel
.
Unsere Abstiegsroute:
Wie
Aufstiegsroute.
Einige
Abschnitte
sind
in
den
letzten
Jahren
durch
den
starken
Gletscherrückgang
immer
heikler
geworden
und
man
muss,
egal
ob
in
Fels
oder
Eis,
so
manche anspruchsvolle Rampe überwinden (im Abstieg wird abgeseilt).
Anstrengung:
Es
handelt
sich
um
eine
schwierige
-
bei
ungünstigen
Verhältnissen,
sehr
schwierige
-
hochalpine
Fels-
und
Gletschertour
die
keinesfalls
unterschätzt
werden
darf.
Im
Fels
sind Schwierigkeiten II Grades zu bewältigen, im Eis Hänge bis 40° Neigung.
Ausrüstung:
Komplette hochgebirgstaugliche Ausrüstung.
Gefahren:
Alle alpinen Gefahren im Hochgebirge.
Letzte Aktualisierung: 30.07.2017
1. Etappe
2. Etappe
im Kontext der Geschichte
Im Reisetagebuch geblättert
(Montag, 17.07.2017 / Dienstag 18.07.2017)
Man muss den Ortler spüren, wenn man ihn bezwingt
Die
fehlende
Akklimatisation
an
die
Höhenlage
von
Sulden
beschert
den
sächsischen
Flachlandtiroler
einen
leichten
Schlaf.
Gegen
7:30
Uhr
geht’s
aus
den
Betten.
Im
Hotel
„
Alpin
Garni
die
kleine
Post
“
wird
uns
ein
reichhaltiges
Frühstücksbüfett
vorgehalten,
sodass
wir
gut
gestärkt
in
den
sonnigen
Tag
starten.
Gegen
9:30
Uhr
besuchen
Brigitte
und
ich
das
„
Haus
der
Berge“
,
um
uns
anzumelden,
denn
die
Ortlerbesteigung
soll
mit
einem
Bergführer
durchgeführt
werden.
Nomen
est
omen
–
der
erfahrene
Guide
Kurt
Ortler
wird
die
Tour
am
folgenden
Tag
führen.
Nachdem
alle
Formalitäten
geklärt
sind
werden
die
Rucksäcke
geschultert,
der
Aufstieg
von
Sulden
(1.900
m)
über
die
Tabarettahütte (2.556 m) zur Payerhütte (3.029 m) beginnt.
Vom
Parkplatz
neben
der
alten
St.-Gertraud-Kirche
folgen
die
Bergwanderer
dem
Steig
Nr.
4,
der
im
ersten
Abschnitt
durch
die
Waldzone
bis
zur
Moräne
des
Marltferners
führt.
Nachdem
die
Zirbelkiefern
das
Blickfeld
freigegeben
haben,
dominiert
die
imposante
Nordwand
des
Ortlers
die
Szenerie
der
Berge.
Respektvoll
sehe
ich
zum
Gipfel
und
zur
Payerhütte,
die
wie
ein
Lego-Baustein
auf
dem
Tabarettakamm
steht.
Bergblumen,
zu
denen
auch
Rostblättrige
Alpenrosen
gehören,
werden
wie
ein
Abschiedsgruß
aus
dem
Tal
gesehen,
denn
bald
wird
es
nur
noch
Geröll,
Felsen,
Schnee
und
Eis
geben.
Dem
Pfad
über
das
Geröll
der
Moräne
schließt
sich
ein
Weg
über
einen
Grasrücken
an,
auf
dem
es
in
Serpentinen
hinauf
zur
Tabarettahütte
geht.
Zur
Mittagstunde
ist
die
Baude
erreicht.
Brigitte
und
ich
rasten
und
ziehen dann weiter zur Bärenkopfscharte.
Der
schmale
Pfad
führt
in
spitzen
Kehren
hinauf
bis
auf
2.879
m.
Von
der
Scharte
geht
es
dann
mäßig
ansteigend
u.
a.
über
eine
kleine
Holzbrücke
weiter.
Das
Gelände
ist
zum
Teil
leicht
ausgesetzt
jedoch
mit
den
nötigen
Sicherungen
versehen.
Die
Anstrengungen
werden
mit
einem
atemberaubenden
Blick
auf
den
Ortler
und
seine
Trabanten
vom
Taberetta-Joch
aus
belohnt.
Nach
einem
letzten
Aufschwung
wird
die
Payerhütte
erreicht.
Eine
freundliche
Wirtin
weist
uns
das
Vierbettzimmer
Nr.
23
in
der
zweiten
Etage
zu.
Da
es
wenig
Andrang
gibt,
muss
die
Unterkunft
nicht
mit
weiteren
Bergsteigern
geteilt
werden.
Bis
17:00
Uhr
wird
geruht,
dann
genießen
wir
die
wärmende
Sonne
auf
der
Terrasse und lassen das Hüttenleben auf uns wirken.
Die
Bergunterkunft
hat
eine
über
hundertjährige
Geschichte.
Im
Aufenthaltsraum
wird
durch
Bilder
und
Bücher
Ortlergeschichte
lebendig:
Kaum
vorstellbar
ist,
dass
im
1.
Weltkrieg
eine
Kanone
auf
dem
Ortlergipfel
stationiert
wurde
und
es
im
Gletscher
Kriegsstellungen
gab.
Man
kann
nur
froh
und
dankbar
sein,
wie
friedlich
heute
Italiener,
Österreicher
und
Deutsche
im
vereinigten
Europa
zusammenleben.
Der
finstere
Nationalismus,
den
es
noch
vor
hundert
Jahren
gab,
ist
zum
Glück
überwunden.
Die
Payerhütte
ist
der
richtige
Ort,
um
sich
dies
bewusst
zu
machen.
Darüber
hinaus
findet
man
in
der
Hütte
einiges
an
anekdotenreicher
und
historischer
Literatur,
u.a.
ein
Bericht
aus
dem
Jahr
1802,
in
dem
Sulden
als
„
Sibirien
Tirols
“
bezeichnet
wird,
„
darin
die
Bauern
mit
den
Bären
aus
einer
Schüssel
essen
und
die
Kinder
auf
Wölfen
reiten
“.
Ihren
Namen
erhielt
das
Haus
vom
Entdecker
des
heutigen
Normalweges:
Julius
von
Payer.
Gegen
17:00
Uhr
ist
der
Hauptraum
der
Unterkunft
gefüllt.
Es
geht
ausgesprochen
ruhig
zu,
denn
jeder
versucht
sich
auf
seine
Art
zu
sortieren.
Trotz
anheimelndes
Hüttenleben
sind
meine
Gedanken
schon
auf
Bergfahrt
und
kreisen
um
Grate,
Felsstufen,
Seracs
und
Gletscherspalten.
Gegen
18:30
Uhr
wird
das
Abendessen
serviert:
Gemüsesuppe,
Schnitzel
mit
Bohnen,
Obst
bzw.
Karamellpudding.
Um
20:00
Uhr
sitzt
uns
Kurt
Ortler
gegenüber,
der
zuvor
aus
Sulden
aufgestiegen
ist.
Wir
machen
uns
bekannt,
sprechen
die
anstehende
Tour
durch
und
checken
das
Equipment.
Danach
geht
es
in
die
Koje,
denn
die
Nacht
ist
kurz.
In der Wetterküche brodelt es.
---
In
aller
Hühnerfrühe,
gegen
4:15
Uhr,
ist
die
Ruhezeit
in
der
Payerhütte
beendet,
das
Licht
im
Zimmer
geht
an.
Wer
um
diese
Zeit
aufsteht,
weiß,
woher
das
Wort
Morgengrauen
kommt!
Nach
einer
Katzenwäsche
steigen
Brigitte
und
ich
in
die
„
Bergklamotten
“,
dann
wird
gefrühstückt.
Die
Wirtin
hat
alles
bestens vorbereitet.
5:00
Uhr:
Die
Hütte
wird
verlassen.
Es
ist
windstill.
Die
Luft
ist
frisch
aber
nicht
kalt.
Über
uns
breitet
sich
ein
klarer
Himmel
aus.
Nur
in
den
Tälern
ruhen,
wie
Wattebäusche,
neblige
Wolkenschwaden.
Am
Horizont,
hinter
der
Kammlinie
der
Berge,
beginnt
bereits
das
Farbspiel
des
Tagesanbruchs.
Kurt
seilt
uns
an,
dann
bricht
die
Dreierseilschaft
im
Schein
der
Stirnlampen
auf.
Zunächst
geht
es
in
Richtung
Süden
an
der
Tabarettawand
entlang
über
den
sogenannten
„
Felsenweg
“.
Nach
einer
halben
Stunde
wird
die
Nordwestflanke
der
Tabarettaspitze
gequert.
Das
Gelände
ist
teilweise
ausgesetzt.
Über
felsiges
Gelände
steigen
wir
hinauf
bis
kurz
vor
dem
„
Wandl
“.
Brigitte
fühlt
sich
nicht
wohl,
sie
hatte
eine
unruhige
Nacht
hinter
sich
und
leichte
Kopfschmerzen
gehabt.
Die
Felskletterei
ist
obendrein
nicht
ihr
Ding.
Sie
trifft
eine
Entscheidung
im Sinn des Alpinisten Paul Preuß:
„Wenn man irgendwo nicht herunterkommt, soll man nicht hinauf.“
Auf
einer
Bergtour
lernt
man
viel
über
sich
selbst:
was
man
schafft
und
wo
die
Grenze
liegt;
was
einem
alles
wehtun
kann
und
wie
egal
das
ist;
wie
man
das
Höchste
anstrebt,
bei
Gefahr
oder
Unwohlsein
aber
klaglos
auf
verlockende
Erlebnisse
verzichtet;
wie
glücklich
und
erfüllt
man
sein
kann;
wie
weit
man
gehen
kann,
ohne
an
ein
Ende
zu
kommen.
Und
man
kommt
zu
anderen
Menschen
in
eine
Nähe,
wie
es
in
der
Ebene
nicht
möglich
wäre.
Es
ist
also
nicht
schlimm mal umzukehren.
Während
ich
eine
längere
Rast
einlege,
bringt
Kurt
Brigitte
zurück
zur Payerhütte.
Nach
seiner
Rückkehr
nimmt
er
mich
wieder
ans
Seil,
der
Aufstieg
geht
weiter.
Über
einen
luftigen
Grat
erreichen
Bergführer
und
Gast
das
„
Wandl
“.
Diese
mit
Versicherungen
(Eisenketten)
versehene
etwa
60
m
hohe
Felsstufe
ist
wohl
der
technisch
schwierigste
Teil
des
gesamten
Aufstiegs,
sozusagen
die
Schlüsselstelle.
Nachdem
das
„
Wandl
“
überwunden
ist,
geht
es
über
einen
sehr
ausgesetzten
Felsgrat,
der
absolute
Trittsicherheit
und
Schwindelfreiheit
verlangt,
weiter.
Die
sich
anschließende
Traverse
führt
zum
„
Bärenloch
“.
Der
Weg
dorthin
ist
ohne
Vereisung
moderat.
Dennoch
ist
Vorsicht
geboten,
denn
ein
Steinschlag
ist
nicht
auszuschließen.
Am
Gletscherrand
des
„
Bärenlochs
“
legen
Kurt
und
ich
die
Steigeisen
an.
Im
Linksbogen
geht
es
in
einem
gebührenden
Abstand
zu
den
gewaltigen
Séracs
(Eistürme)
des
Ortlers
aufwärts
in
Richtung
Tschierfeck.
Schritt
für
Schritt
steigen
wir
den
steilen
Hang
hinauf
bis
zur
Felsstufe,
die
zum
„
Bivacco
Lombardi
“
führt.
Die
Bewältigung
der
anspruchsvollen
Rampe
ist
in
den
letzten
Jahren,
bedingt
durch
den
Gletscherrückgang,
immer
heikler
geworden.
Kurt
klettert
voran
und
sichert,
dann
steige
ich
hinterher.
Am
Tschierfeck
angekommen,
sehe
ich
nur
kurz
zum
Lombardi
Biwak
(3.316
m)
hinüber,
denn
es
geht
sogleich
auf
einem
bis
zu
40°
steilen
Hang
in
Richtung
Oberer
Ortlerferner
weiter.
Zum
Glück
ist
das
schöne
Wetter
stabil
und
damit
eine
gute
Orientierung
im
spaltenreichen
Gelände
gegeben.
Die
Spur
über
die
Schneebrücken
ist
jedoch
keine
Garantie
für
ein
sicheres
Hinüberkommen,
denn
mit
zunehmender
Tageszeit
weichen
diese
Stellen
auf
und
können
bei
Belastung
einbrechen.
Nachdem
diese
Passage
überwunden
ist,
wird
das
Ortlerplateau
erreicht,
wo
es
dann
nur
mäßig
ansteigend
weiter
bis
zum
Gipfel
geht
.
Vor
dem
letzten
Anstieg
will
ich
noch
einen
Schluck
aus
der
Colaflasche
nehmen,
doch
das
geht
schief.
Die
Flasche
rutscht
mir
aus
der
Hand
und
saust
auf
dem
Firn
des
Gletschers
talwärts.
Kurt
kommentiert
dies
mit
den
passenden
Worten
und
überlässt
mir
seine
Halbliterflasche
–
danke,
es
soll
mir
eine
Lehre
sein!
Um
9:30
Uhr
ist
es
geschafft,
der
„
König
Ordler
“
ist
erklommen.
Am
modern
gestalteten
Gipfelkreuz
geben
sich
Bergführer
und
Gast
die
Hand
und
tauschen
Glückwünsche
aus,
dann
genießen
beide
nach
den
obligatorischen
Fotos
die
traumhafte
Rundumsicht.
Nach
20
Minuten
ist
der
Gipfelblick
beendet.
Es
geht
auf gleicher Route zurück zur Payerhütte.
„Das Ziel der Bergtour ist nie der Gipfel, sondern immer die
Rückkehr ins Tal“.
Während
des
Abstiegs
seilt
mich
Kurt
an
den
kritischen
Felsstufen
ab.
Der
feste
Firn
des
Morgens
ist
auf
dem
Gletscher
des
„
Bärenlochs
“
sulzig
geworden,
sodass
hohe
Konzentration
beim
steilen
Abgang
geboten
ist.
Nach
sportlichen
zwei
Stunden
sind
Bergführer
und
Gast
gegen
12:00
Uhr
an
der
Payerhütte
zurück.
Brigitte
hat
uns
so
früh
noch
nicht
erwartet.
Eine
halbstündige
Rast
schließt
sich
an,
Kurt
wird
herzlichst
gedankt,
dann
brechen
Brigitte
und
ich
auf
ins
Tal.
Drei
Stunden
später
ziehe
ich
die
Schuhe
aus,
denn
knapp
1.000
Meter
Aufstieg
und
über
2.000
Meter
Abstieg
sind
genug für den Tag.
Was
bleibt
ist
die
Erfahrung,
dass
man
in
den
Bergen
einen
großen
Abstand
zu
unserem
oft
durchgeplanten
Stadtleben
und
seiner
hektisch-technischen
Mobilität
findet.
Man
erlebt
von
Neuem
die
eigene
Natürlichkeit,
indem
man
die
eigenen
Füße
bewusst
benutzt
und
mit
ihnen
weite
Wege
geht.
Man
erlebt
den
Rausch
der
Höhe
sowie
die
Geschwindigkeit,
mit
der
es
hinuntergeht.
Man
sieht
eine
Landschaft,
dass
einem
die
Worte
dafür
fehlen.
Abends
schmecken
dann
das
Essen
und
das
Bier
besonders
gut,
denn
man
hat
einen
gesunden Appetit. Der Schlaf ist gesund und tief.